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Kurzbeschreibung |
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18. November 2007; 15:00 Uhr Schloss Wolfenbüttel, Theaterssal Wolfenbüttel Prof. Dr.-Ing. Günter Dörfel Leibnizinstitut für Festkörper- und Werkstoffforschung, Dresden Turbulenzen um die Röntgenstrahlen Elster & Geitel sowie ihre Braunschweiger Glastechniker im Spannungsfeld zwischen Hertz, Lenard und Röntgen Schon zeitig hatten die Wolfenbütteler Physiker Julius Elster und Hans Geitel die Erkenntnisse von Heinrich Hertz und dessen Assistenten Wilhelm Hallwachs aufgegriffen, dass Licht den Elektrizitätsübergang zwischen geladenen Elektroden begünstige, und dass dieser Vorgang materialabhängig sei. Bei der Entwicklung und Anfertigung ihrer „Fotozellen“ – diese erlangten später als Vorläufer heutiger optoelektronischer Bauelemente und Geräte große technische und wirtschaftliche Bedeutung – wurden sie von dem Braunschweiger Glasbläser Louis Müller-Unkel unterstützt. Dieser hatte seine Ausbildung in Bonn in der von Franz Müller geführten Werkstatt des berühmten Apparatebauers Heinrich Geißler erfahren und bei seiner Tätigkeit für die Bonner Universität auch Hertz kennen gelernt. Letzteres legt der Briefwechsel zwischen beiden nahe. Das zwischen Bonn, Braunschweig und Wolfenbüttel aufgespannte Dreieck erwies sich auch als tragfähig, als Philipp Lenard in Bonn eine Idee seines Ordinarius’ Hertz realisierte und eine Röhre schuf, die bei einer elektrischen Entladung in ihrem Inneren entstehenden „Kathodenstrahlen“ durch das „Lenardfenster“ aus dem Entladungsraum entlassen und einer vom Entstehungsmechanismus unbeeinflussten Untersuchung zugänglich machen konnte. Das führte letztlich zur Beschreibung des Elektrons als Träger der negativen Elementarladung. Lenard verfolgte die Bemühungen von Elster und Geitel um ein Nachstellen seiner Experimente mit Sympathie und als Ratgeber; der Nachbau der Röhre oblag Müller-Unkel. Die Kooperation war erfolgreich. Sie fand ihre Fortsetzung, als Müller-Unkel eine Anregung Lenards aufgriff, die Röhre zu einem verkaufsfähigen Lehrmittel zu entwickeln. Auch in diesem kreativen Prozess spielten Elster und Geitel eine herausgehobenen Rolle. Die Röhre fand großes Interesse – auch bei W.C. Röntgen. Brisanz erlangte dieser Vorgang, als Lenard anlässlich der Verleihung de Nobelpreises 1905 seine sicht auf die Entdeckung der Röntgenstrahlen öffentlich machte: Ihm sie der Erwerb der in Braunschweig / Wolfenbüttel geschaffenen Röhre durch Hertz verwehrt worden, Röntgen sei der erste Besitzer der Röhre gewesen, habe damit die neuen Strahlen entdeckt und bei deren Publizierung seine, Lenards, Rolle nicht gewürdigt. Im Vortrag wird versucht, anhand von in Berlin, Bonn, München Wolfenbüttel und Würzburg aufgefundnen Korrespondenzen und Niederschriften die mutmaßlichen Vorgänge um die Entdeckung der Röntgenstrahlen zu rekonstruieren und die dahinter stehenden Motive der Beteiligten zu erklären. Dabei soll neben Müller-Unkel auch an den heute kaum noch bekannten Braunschweiger Glasbläser Richard Müller-Uri erinnert werden. Ebenfalls aus Bonn kommend, war er als Teilhaber in das Geschäft seines Vetters Müller-Unkel eingetreten. Unmittelbar nach Entdeckung der neuen Strahlen kam es wegen gegensätzlicher Auffassungen über die Weiterführung der auch mit Elster und Geitel so erfolgreich begonnenen Entwicklung zum Bruch. Im eigenen Untenehmen leistete Müller-Uri eigenständige Beiträge zur Weiterentwicklung der Röntgentechnik und insbesondere auch der Lenardschen Kathodenstrahlröhre. Wirtschaftlichen Erfolg brachte ihm die Fortführung und Verbreitung von im Kreis der Geißler-Schüler geschaffener Geräte. |
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